Das Leben ist oft ungerecht, daran können wir nichts ändern, aber wir können alles tun, um das Beste aus dem zu machen, was wir erleben, und vielleicht versuchen, ein bisschen Glück in das Leben anderer zu bringen. (Seite 181)

 

Cover: Auf den Spuren der SehnsuchtZum Inhalt

Nachdem ihr Vater als Betrüger verurteilt wurde und ins Gefängnis mußte, hat Abigail Grant, bis dahin Angehörige der High Society in Boston, alles verloren. Die Angestellten haben gekündigt, das Eigentum der Familie versteigert, um die Schulden des Vaters zu begleichen, die Mutter schließlich vor Kummer gestorben.
Nach mehreren erfolglosen Versuchen, als Mail Order Bride ein neues Leben im Westen zu beginnen, wird sie von der Heiratsvermittlerin mit in einen kleinen Ort in Kansas genommen wo sie den Heiratsbewerbern die Grundbegriffe guter Manieren beibringen soll. Allerdings war weder geplant, daß die beiden Damen länger als etwa zehn Tage dort bleiben, noch daß sich zwischen Mack Cleveland und Abigail etwas zu entwickeln beginnt, was beide eigentlich nicht wollten.
Doch wie heißt es so schön? Der Mensch denkt und Gott lenkt. Und das manchmal anders, als man ursprünglich gedacht hat.

 

 

 

 

 

Meine Meinung

Nach Catherine Richmonds „Neues Glück für Susannah“ war dies das zweite Buch mit dem Thema „Mail Order Bride“ („Braut auf Bestellung“), welches ich innerhalb von etwa vier Wochen gelesen habe. Dadurch kann ich beide recht gut vergleichen und bereits zu Beginn feststellen, daß dieses Buch hier in jeder Hinsicht deutlich besser abschneidet. Das fängt bei den Figuren an und hört bei den Landschaftsbeschreibungen nicht auf.

Abigail Grant mag eine für jene Zeit typische Mail Order Braut sein - nur daß sie eben gerade nicht typisch ist. Inzwischen 25 Jahre (und damit für seinerzeitige Verhältnisse ziemlich „alt“), hat sie schon mehrere erfolglose Vermittlungsversuche hinter sich. Entweder wurde sie zurück geschickt, oder ihr paßte der Bewerber nicht. Kein Wunder, wenn man in der „Wildnis“ mit den Manieren einer Städterin, noch dazu einer solchen aus der gehobenen Gesellschaft, auftritt. Das kann nur schief gehen. Daher nimmt die Heiratsvermittlerin Mrs. Bingham sie mit in die kleine „Stadt“ Spiveyville nach Kansas, aus der es sechzehn Bewerbungen für Bräute gibt. Da alles recht kurzfristig zustande kam, will Mrs. Bingham sich die Bewerber zum Einen selbst ansehen, zum Anderen soll Abigail ihnen Unterricht geben und ihnen zumindest rudimentäre Kenntnisse in gutem Benehmen und Tischmanieren beibringen. Dort angekommen, sind die zukünftigen Ehemänner eher wenig begeistert davon, erst einmal die Schulbank drücken zu sollen. Zu allem Überfluß fegt ein Sturm über die Prärie und richtet erhebliche Schäden an, so daß sich der Aufenthalt der beiden Damen verlängert und die Ankunft der Bräute nach hinten verschiebt.

Aus dieser Situation heraus entwickelt sich die weitere Handlung mit ein paar unvorhergesehenen Twists und Wendungen, aber auch Entwicklungen, mit denen man als Leser gerechnet (und auf die man gehofft?) hat. Die Figuren erschienen mir, egal ob sympathisch oder nicht, durchgehend lebensnah geschildert; sie waren keine „strahlenden Helden“, sondern hatten ihre „Flecken auf der weißen Weste“, ihre Ecken, Kanten und Grautöne.

Auch das Setting paßte für mich. Eine kleine, unbedeutende - aber aufstrebende - Stadt irgendwo in der Prärie; zwar noch zur Zeit des „Wilden Westens“, aber hier war er schon nicht mehr wild, sondern bereits einem gewissen Maß an Zivilisation gewichen.

Gut gefallen hat mir, daß die Figuren lernwillig und (meist) auch lernfähig waren, aber nie in einem Maße, daß es mir unrealistisch erschienen wäre. Der Gedanke an „Benimmunterricht“ mutete zunächst nicht nur den Betroffenen etwas seltsam an, aber wenn man es etwas genauer betrachtet, paßt es zur Geschäftspraxis von Mrs. Bingham wie auch der Situation, daß auf einen Schlag sechzehn Bräute vermittelt werden sollten, die Vermittlerin sicher gehen wollte, daß es Männer mit ehrlichen Absichten sind, die sich beworben haben, und daß Männer wie Frauen mit guten Voraussetzungen für eine dauerhafte Ehe in selbige gehen sollen.

Schon aus dem Buchrückentext ist zu schließen, daß sich zwischen Mack und Abigail eine Beziehung entwickeln könnte, auch wenn beide eine solche nicht planen. Doch wie heißt es so schön (und nicht nur auf diese beiden bezogen): der Mensch denkt und Gott lenkt. Beide hatten gewisse Vorbelastungen, die einer Beziehung im Wege standen. Wie sie damit umgingen, wie ihr Denken und Handeln davon beeinflußt war, ergab sich recht folgerichtig aus der Entwicklung der Geschichte; das mußte einfach so ablaufen, wie die Autorin es beschrieben hat.

Insgesamt habe ich das Buch sehr gerne gelesen, für mich paßte einfach alles: glaubwürdige Figuren, die in sich schlüssig dachten und handelten, eine nachvollziehbare Entwicklung in einem „Wilden Westen“, der kurz vor Schließung der Frontier (um 1890) so wild schon nicht mehr war. Es ist trotz aller Spannung und Aufregung im letzten Drittel ein Wohlfühlroman.

 

Mein Fazit

Benimmunterricht im Wilden Westen - was auf den ersten Blick seltsam anmuten mag, entwickelt sich zu einer teils vergnüglichen teils spannenden Geschichte mit (meist) liebenswerten Figuren. Ein Wohlfühlroman, den ich gerne auch ein weiteres Mal lesen werde.

 

 

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