„Du kannst nicht davonlaufen, Emily. Ich hoffe, Du lernst das, bevor es zu spät ist.“*

 

Cover: Emily - Sommer der SehnsuchtZum Inhalt

Missouri kurz nach dem Ende des Bürgerkriegs. Emily hat nur noch ihren Großvater, denn Vater und Bruder sind im Krieg umgekommen. Der Traum ihrer Jugend ist Royal Baxter, den sie seinerzeit in den Krieg verabschiedete.
Da die Kräfte des Großvaters schwinden und die Erinnerungen zu bitter sind, will Emily das familieneigene Ladengeschäft verkaufen und nach Oregon auswandern. Eine große Hilfe bei ihren Problemen und Aufgaben ist Curt Saxon, der im örtlichen Mietstall arbeitet. Auch er trägt seinen Packen seit dem Krieg mit sich herum, von dem er niemandem erzählt. Nur seine Schwester, die bei ihm wohnt, weiß davon.
Als Royal Baxter plötzlich wieder auftaucht, scheint sich alles zum Besseren zu wenden. Denn er will auch nach Oregon. Nur der Großvater ist nicht davon überzeugt, weder von Royal Baxter noch von den Oregonplänen. Aber ohne seine Zustimmung wird es nichts.

 

Kommentar / Meine Meinung

Das ist zwar das vierte Buch der Autorin, aber das erste, welches ins Deutsche übersetzt wurde. Es ist der erste Band einer Trilogie, der zwar in sich abgeschlossen ist, aber dennoch genügend Raum läßt, sich in Folgebänden mit den hier nur als Nebenfiguren auftretenden Personen zu beschäftigen.

Kurz nach dem Ende des Bürgerkriegs in einer Kleinstadt in Missouri wartet Emily (bzw. Faith, wie sie in der Originalausgabe heißt) auf die Rückkehr von Royal Baxter, ihrem Jugendschwarm, den sie vor Jahren in den Krieg verabschiedet hat. Sie lebt bei ihrem Großvater, der als einziger Verwandter übrig ist, Vater und Bruder sind im Krieg gefallen. Oregon ist das Ziel ihrer Träume, denn hier ist alles voll schmerzlicher Erinnerungen an die Verstorbenen.

Curt Saxon wiederum versucht, sich hier eine neue Existenz aufzubauen. Er hat den Krieg überlebt und nicht nur körperliche wunden davon getragen. Seine Wege kreuzen sich mit denen Emilys, sehr zur Freude seiner Schwester Rosemary, die sich mit Emily anfreundet.

Ich fühlte mich sehr bald in den nicht mehr so Wilden Westen versetzt, denn in Noble Springs herrschen weitgehend Gesetz und Ordnung, es ist eine ruhige Kleinstadt, die die Pionierzeit hinter sich gelassen hat. Sicher hat die Autorin, aber das bleibt wohl nicht aus, das eine oder andere Westernklischee bemüht, jedoch hatte ich das ganze Buch hindurch an keiner Stelle das Gefühl, daß einfach eine Geschichte unserer Tage in die Vergangenheit versetzt wurde, sondern Handlung wie Figuren paßten in die Zeit.

Was mich am Buch nicht restlos überzeugte, war ausgerechnet die Hauptfigur Emily. Mehr als ein Mal hatte ich das Bedürfnis, sie etwas durchzuschütteln und ihr zuzurufen „Mädchen, sei nicht so naiv, öffne mal Deine Augen!“ Gut, sie ist noch ziemlich jung, wohl relativ behütet aufgewachsen, und muß innerhalb kurzer Zeit die Leitung des Ladens, den bisher ihr Großvater führte, übernehmen. Neben der Einarbeitung muß sie auch noch mit den Vorurteilen der Kunden („eine Frau gehört hinter den Herd“) klar kommen. Da ist es vielleicht nicht ganz unverständlich (aus ihrer Sicht), daß sie, wenn der Jugendschwarm Royal Baxter wieder auftaucht, die rosarote Brille aufsetzt und nicht mal stutzig wird, als der sie zunächst überhaupt nicht erkennt. Und auch im Weiteren ist sie in der Beziehung sehr lernresistent. Andererseits: wer gibt schon gerne zu, sich geirrt zu haben. Insofern ist ein gewisses „Beharrungsmoment“ schon verständlich, macht es aber uns Lesern bisweilen genau so schwer wie Curt, der zwar Gefühle für Emily hegt, die aber zunächst weder sich noch (wegen der Kriegsfolgen für ihn) ihr eingestehen will.

Etwas im Kontrast dazu stehen der Großvater, Curt Saxon und seine Schwester Rosemary, was möglicherweise deren größerer Lebenserfahrung geschuldet ist. So gesehen, könnte Emilys Verhalten für die Situation sehr realistisch sein. Zumal sie bewußt eine gewisse „Blindheit“ kultiviert. Die Erinnerungen sind in Noble Springs schmerzlich: die Mutter lange verstorben, Vater und Bruder im Krieg gefallen, ein Leben wie früher ist hier nie mehr möglich. Oregon scheint ihr die einzige Möglichkeit, diesen schmerzlichen Erinnerungen zu entfliehen, ohne zu sehen, daß man solche nicht einfach zurückläßt, sondern weiter mit sich tragen muß. Es wird schließlich doch eines gewissen Lernprozesses bei ihr bedürfen, sich das einzugestehen - und die Folgen daraus zu ziehen.

Erwähnen möchte ich noch, daß das Buch in einem christlichen Verlag erschienen ist. Das Religiöse steht hier aber nicht im Vordergrund, sondern taucht nur sehr dezent und zurückhaltend auf. Im Gegensatz zum heute weitgehend Üblichen wird es nicht einfach ausgeblendet, sondern quasi nebenbei erwähnt, wie es eben im täglichen Leben der Protagonisten seinen Platz hat; sei es, daß man zur Kirche fährt, sei es in Form eines (Stoß-) Gebetes. Gerade diese Normalität ist mir sehr positiv aufgefallen, da das der damaligen Realität vermutlich recht nahe kommt.

Im Folgeband steht Rosemary im Mittelpunkt. Diese hatte während des Bürgerkriegs als Krankenschwester gearbeitet und wird darob etwas gemieden. Ich bin gespannt, wie sie ihr Schicksal meistern wird. Und da Emily letztlich doch dazu gelernt hat, wird auch die Wiederbegegnung mit ihr sicher ganz erfreulich werden.

 

Kurzfassung

Emily muß in den Wirren der Nach-Bürgerkriegszeit ihren Platz finden. Eine teilweise naive Emily in einer unterhaltsamen Geschichte.

 

Originaltext

* = „You can’t run away, Faith. I hope, you find that out before it’s too late.“ Seite 267 „Where Wildflowers Bloom“

 

 

Cover: Where Wildflowers bloom

Gelesen habe ich die amerikanische Originalausgabe "Where Wildflowers Bloom".
Verlag: Revell, Grand Rapids/MI 2012

 

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