Sei genau so, wie Gott dich geschaffen hat, und lass dir von niemandem etwas anderes einreden. (Seite 394)

 

Cover: Ein Fenster ins LebenZum Inhalt

1893: Violet Hayes träumt vom großen Abenteuer, von der wahren Liebe, vom echten Leben. Die Weltausstellung in Chicago liefert der Tochter aus gutem Hause den perfekten Vorwand, der Obhut ihres Vaters zu entkommen und ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Zumal sie gerade herausfinden mußte, daß ihr gesamtes Leben auf einer Lüge basiert.
Doch gänzlich frei ist Violet auch in Chicago nicht. Sie wohnt bei ihrer tiefgläubigen Großmutter, die ganz eigene Vorstellungen davon hat, wie ihre Enkelin ihr Leben gestalten sollte. Und auch ihre drei Großtanten, die unterschiedlicher kaum sein könnten, versuchen Violet für ihr jeweiliges Lebenskonzept zu begeistern. Violet hat die Qual der Wahl. Was möchte sie werden: Heilige, Suffragette, Dame der Gesellschaft? Oder doch lieber Detektivin? Und welchem ihrer Verehrer soll sie ihr Herz öffnen?
Chicago eröffnet Violet eine Vielzahl an Möglichkeiten. Doch ihren eigenen Weg zu finden, erweist sich als das größte Abenteuer ...

 

Kommentar / Meine Meinung

Die Wahrheit tut weh. In jedem Buch, so bin ich eigentlich überzeugt, sollte es mindestens einen Satz geben, den herauszuschreiben es sich lohnt, und den ich dann meist als eine Art Motto über die Rezi stelle. Meistens stecken mehrere Zettel in einem Buch, und bisweilen habe ich Mühe auszuwählen, welches denn das bevorzugte Zitat wird. Hier dauerte es bis Seite 381, bis mir ein eventuell passender Satz in die Augen sprang: Die Wahrheit tut weh. Genommen habe ich den dann allerdings für den Beginn der Rezi, denn eine Wahrheit tut in der Tat weh: das Buch ist kein Meisterwerk, auch wenn (aus mir dieses Mal nicht nachvollziehbaren Gründen) preisgekrönt ist. Bisher habe ich nur sehr gute, höchstens gute mit Tendenz zu „sehr gut“, Bücher von Lynn Austin gelesen. Dieses ist aber eindeutig das Schwächste.

Möglicherweise kann das auch daran liegen, daß die Erwartungen zu hoch waren. Normalerweise müssen die Protagonisten in Lynn Austins Büchern mit ziemlichen Problemen kämpfen, Entwicklungen durchmachen, schwierige Zeiten durchleben, ehe es zu einem (meist) guten Ende kommt. Hier muß aus der jugendlichen Violet eine erwachsene Frau werden und sicher ist es für sie aufregend und wichtig, sicher macht sie eine Entwicklung durch, so daß die Violet des Endes nicht mehr die des Anfangs ist. Aber für uns als Leser ist das über weite Strecken so langatmig (um nicht zu schreiben langweilig) zu lesen wie die vielen Teeparties der gehobenen Gesellschaft in Chicago, die Violet besuchen muß.

Wenn die Autorin die Oberflächlichkeit von Violet (zu Beginn und über den größten Teil des Romans hinweg) und die der gehobenen Gesellschaft auch stilistisch ausdrücken wollte, so ist ihr das großartig gelungen (das meine ich jetzt als Feststellung, nicht als Wertung). Aber es ist nicht das, was ich von einem Lynn Austin Buch erwarte. Sicher tauchen, vor allem im letzten Drittel, dann endlich wirkliche Probleme und Schicksale auf, doch sie ließen mich seltsam kalt und unberührt. Zu sehr war bis dahin bereits alles auf Schönheit getrimmt worden, als daß mich das noch hätte berühren können. Selbst wirklich schlimme Dinge zogen an mir vorüber wie Popkornkino, ohne mich sonderlich zu berühren.

Nochmals: es kann an meiner Erwartungshaltung liegen. Wenn ich einen reinen Unterhaltungsroman hätte lesen wollen und an dieses Buch geraten wäre, wäre ich vermutlich über die enthaltene Tiefe überrascht gewesen, und hätte das Buch ruhig, zufrieden und mit einem Lächeln auf den Lippen geschlossen. So aber habe ich einen tiefgründigen Roman erwartet, und einen Unterhaltungsroman vorgefunden, in dem ein paar Problemchen verarbeitet waren. Das ist mir für ein Lynn Austin Buch einfach zu wenig.

Insofern halte ich „Ein Fenster ins Leben“ nicht für einen geeigneten Einstieg, um mit Lynn Austin zu beginnen. Die Autorin kann wirklich schreiben und blieb hier deutlich unter ihren Möglichkeiten zurück. Wer sie in Hochform erleben möchte, greife besser zu „Die Apfelpflückerin" und lasse sich nicht von dem unpassenden deutschen Titel abschrecken. Wer eher Unterhaltung, die sich gut weglesen und die Umgebung für ein paar Stunden vergessen läßt sucht, ohne daß das Buch noch lange nachwirkt, der ist hiermit gut beraten.

 

Kurzfassung

Violet, behütet aus gutem Hause, reist nach Chicago zur Weltausstellung, um ihre Mutter zu suchen und einen Ehemann zu finden. Gewohnt sehr gut geschrieben, doch deutlich nur an der Oberfläche kratzend, begleiten wir sie bei ihrem Aufenthalt und ihrer Suche.

 

 

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